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Geltungszeitraum von: 28.04.2007

Geltungszeitraum bis: 31.12.2023

Kirchengesetz über kirchliche Stiftungen in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (KStiftG)

vom 28. April 2007

KABl. S. 108

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§ 1
Geltungsbereich

Dieses Kirchengesetz gilt für die rechtsfähigen kirchlichen Stiftungen, die ihren Sitz im Gebiet der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck haben, sowie für die nicht rechtsfähigen kirchlichen Stiftungen, deren Treuhänder ihren Sitz im Kirchengebiet haben. Es gilt nicht für ortskirchliche Stiftungen gem. Artikel 32 Absatz 2 GO.
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Abschnitt 1
Die rechtsfähige kirchliche Stiftung

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§ 2
Begriff der rechtsfähigen kirchlichen Stiftung

( 1 ) Kirchliche Stiftungen im Sinne dieses Kirchengesetzes sind Stiftungen des öffentlichen Rechts oder des bürgerlichen Rechts, die
  1. durch die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck oder ihre Körperschaften, insbesondere den Kirchengemeinden, Kirchenkreisen und kirchlichen Verbänden errichtet worden sind oder
  2. von anderen natürlichen oder juristischen Personen errichtet worden sind und die
    1. organisatorisch der Kirche zugeordnet oder
    2. der kirchlichen Stiftungsaufsicht unterstellt sind oder
    3. deren Zweck so bestimmt ist, dass er sinnvoll nur in Verbindung mit der Kirche erfüllt werden kann.
( 2 ) Kirchliche Stiftungen des öffentlichen Rechts sind rechtsfähige Stiftungen, die zur Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, ihren Kirchengemeinden, Kirchenkreisen und kirchlichen Verbänden in einer solchen Beziehung stehen, dass sie als öffentliche kirchliche Einrichtung erscheinen und als kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts errichtet oder anerkannt worden sind.
( 3 ) Kirchliche Stiftungen des bürgerlichen Rechts sind rechtsfähige Stiftungen, die nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches errichtet worden sind.
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§ 3
Entstehung der Stiftung

( 1 ) Für die Entstehung einer Stiftung gelten die Vorschriften des staatlichen und kirchlichen Rechts, insbesondere der Landesstiftungsgesetze von Hessen und Thüringen.
( 2 ) Der Stifter hat den Antrag auf Anerkennung als kirchliche Stiftung bei dem Landeskirchenamt vor dem Antrag auf staatliche Anerkennung zu stellen.
( 3 ) Die Anerkennung der Stiftung ist im Kirchlichen Amtsblatt der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck zu veröffentlichen.
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§ 4
Stiftungsverfassung

Die Stiftungsverfassung muss Regelungen enthalten über
  1. den Namen der Stiftung,
  2. den Sitz der Stiftung,
  3. den Zweck der Stiftung,
  4. das Vermögen der Stiftung,
  5. die Bildung des vertretungsberechtigten Organs der Stiftung und
  6. die kirchliche Aufsicht.
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§ 5
Stiftungsverwaltung

( 1 ) Die Stiftungsorgane haben die Stiftung sparsam und nach den Regeln ordentlicher Wirtschaftsführung zu verwalten. Die Verwaltung dient der dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks unter Berücksichtigung des Willens des Stifters.
( 2 ) Vergütungen für Dienstleistungen, Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder sind schriftlich zu regeln.
( 3 ) Die Mitglieder der Stiftungsorgane sind verpflichtet, über Angelegenheiten, die ihrer Natur nach vertraulich sind oder als vertraulich erklärt werden, Stillschweigen zu bewahren.
( 4 ) Ein Mitglied eines Stiftungsorgans darf an Beratungen und Abstimmungen nicht teilnehmen, die es selbst, seinen Ehegatten oder Lebenspartner, seine Eltern, Großeltern, Schwiegereltern, Geschwister, Stiefgeschwister, Kinder, Enkel, Stiefkinder oder Schwiegerkinder oder eine von ihm kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretene Person betreffen.
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§ 6
Vermögenserhalt

( 1 ) Das Stiftungsvermögen ist das Vermögen, das der Stiftung zugewendet wurde, um aus seinen Erträgen den Stiftungszweck nachhaltig zu erfüllen. Das Stiftungsvermögen ist in seinem Bestand ungeschmälert zu erhalten. Das Landeskirchenamt kann Ausnahmen zulassen, wenn der Wille des Stifters anders nicht zu verwirklichen ist und der Fortbestand der Stiftung gewährleistet bleibt. Umschichtungen des Stiftungsvermögens sind nach den Regeln ordentlicher Wirtschaftsführung zulässig.
( 2 ) Das Stiftungsvermögen ist von anderem Vermögen getrennt auszuweisen.
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§ 7
Buchführung, Jahresabschluss

( 1 ) Die Stiftung ist im Bezug auf alle Einnahmen und Ausgaben bzw. Erträge und Aufwendungen zur ordnungsgemäßen Buchführung und Rechnungslegung verpflichtet.
( 2 ) Sofern die Verfassung nichts anderes bestimmt, ist Rechnungs- und Geschäftsjahr das Kalenderjahr.
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§ 8
Stiftungsaufsicht

( 1 ) Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht der Landeskirche. Die laufende Aufsicht über die Stiftungen wird, soweit nicht anders geregelt, vom Landeskirchenamt wahrgenommen.
( 2 ) Aufgabe der Stiftungsaufsicht ist es, sicherzustellen, dass die Verwaltung der Stiftung nach Maßgabe dieses Gesetzes und des kirchlichen Rechts sowie im Einklang mit dem Willen des Stifters sowie der Stiftungsverfassung geführt wird; dazu gehört auch die Ausformung der Stiftung als einer Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Die Stiftungsaufsicht soll die Organe sachverständig beraten.
( 3 ) Das zur Vertretung der Stiftung berufene Organ ist verpflichtet, dem Landeskirchenamt die Zusammensetzung und jede Änderung in der Zusammensetzung eines Organs unverzüglich anzuzeigen.
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§ 9
Durchführung der Stiftungsaufsicht

( 1 ) Der ordnungsgemäße Jahresabschluss ist mit einer Vermögensübersicht und einem Geschäftsbericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks innerhalb von sechs Monaten nach Schluss des Geschäftsjahres dem Landeskirchenamt vorzulegen. Umfasst der Stiftungszweck die treuhänderische Verwaltung von nicht rechtsfähigen Stiftungen, müssen die Unterlagen die treuhänderisch verwalteten nicht rechtsfähigen Stiftungen einbeziehen.
( 2 ) Das Landeskirchenamt kann sich über alle Angelegenheiten der Stiftung unterrichten. Es kann insbesondere Einrichtungen der Stiftung besichtigen und die Vorlage von Berichten, Akten und sonstigen Unterlagen verlangen. Es kann die Geschäfts- und Kassenführung prüfen oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes auf Kosten der Stiftung prüfen lassen.
( 3 ) Das Landeskirchenamt kann anordnen, dass der Jahresabschluss durch das Rechnungsprüfungsamt, einen Prüfungsverband, einen Wirtschaftsprüfer oder eine andere zur Erteilung eines gleichwertigen Bestätigungsvermerks befugte Person oder Gesellschaft geprüft wird.
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§ 10
Genehmigungsvorbehalte

( 1 ) Folgende Rechtsgeschäfte und Maßnahmen der Stiftungsorgane bedürfen der Genehmigung des Landeskirchenamtes:
  1. Vermögensumschichtungen, die für den Bestand oder das Wirken der Stiftung bedeutsam sind,
  2. unentgeltliche Zuwendungen aus dem Vermögen der Stiftung, soweit sie nicht ausschließlich zur Erfüllung des Stiftungszwecks vorgenommen werden,
  3. Erwerb, Veräußerung oder Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie Erwerb und Aufgabe von Rechten an fremden Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten,
  4. der Abschluss und die Änderung von Gesellschafts-, Beteiligungs- und Betriebsführungsverträgen.
( 2 ) Weiterreichende Zustimmungsvorbehalte in einzelnen Stiftungsverfassungen bleiben unberührt.
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§ 11
Beanstandung

Das Landeskirchenamt kann Beschlüsse der Stiftungsorgane, die gegen dieses Kirchengesetz, kirchliches Recht oder gegen die Stiftungsverfassung verstoßen, beanstanden und, wenn sie nicht innerhalb einer von ihm gesetzten Frist zurückgenommen werden, aufheben sowie verlangen, dass Maßnahmen, die aufgrund solcher Beschlüsse getroffen worden sind, rückgängig gemacht werden.
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§ 12
Weisung und Ersatzvornahme

Erfüllt ein Stiftungsorgan seine gesetzlich oder nach der Stiftungsverfassung ihm obliegenden Pflichten oder Aufgaben nicht, kann das Landeskirchenamt anweisen, innerhalb einer angemessenen Frist das Erforderliche zu veranlassen. Das Landeskirchenamt hat dabei die zu treffenden Maßnahmen zu nennen. Nach erfolglosem Ablauf der Frist kann das Landeskirchenamt die Maßnahmen auf Kosten der Stiftung selbst durchführen oder durchführen lassen.
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§ 13
Abberufung von Organmitgliedern

( 1 ) Das Landeskirchenamt kann Mitglieder eines Stiftungsorgans aus wichtigem Grund, insbesondere wegen grober Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung, abberufen und andere an ihrer Stelle berufen. Bei schuldhaftem Verhalten bedarf es einer vorherigen Abmahnung.
( 2 ) Das Landeskirchenamt kann dem Mitglied eines Stiftungsorgans einstweilen die Geschäftsführung untersagen, wenn es das Wohl der Stiftung erfordert.
( 3 ) Vor einer Maßnahme nach Absatz 1 oder 2 ist dem betroffenen Mitglied Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die übrigen Mitglieder der Stiftungsorgane sollen gehört werden.
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§ 14
Bestellung von Beauftragten

Wenn und solange die ordnungsgemäße Verwaltung der Stiftung es erfordert und die vorstehenden Befugnisse der Aufsichtsbehörde nicht ausreichen, kann das Landeskirchenamt Beauftragte bestellen, die alle oder einzelne Aufgaben der Stiftung oder eines Stiftungsorgans auf Kosten der Stiftung wahrnehmen.
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§ 15
Umwandlung, Zusammenlegung, Aufhebung, Verfassungsänderungen, Zweckänderungen

Umwandlung, Zusammenlegung, Aufhebung und Verfassungsänderungen sowie Zweckänderungen einer Stiftung bedürfen der Genehmigung des Landeskirchenamtes, unbeschadet der Geltung staatlichen Rechts. Eine Umwandlung, Zusammenlegung oder Aufhebung von Stiftungen ist jedoch nur zulässig, wenn sie wegen wesentlicher Veränderungen der Verhältnisse notwendig oder wenn die Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich geworden ist. Der Antrag auf Genehmigung durch die staatliche Stiftungsaufsicht darf erst gestellt werden, wenn die Genehmigung des Landeskirchenamts vorliegt.
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Abschnitt 2
Die nicht rechtsfähige kirchliche Stiftung

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§ 16
Begriff der nicht rechtsfähigen kirchlichen Stiftung

( 1 ) Eine nicht rechtsfähige kirchliche Stiftung im Sinne dieses Gesetzes ist ein Vermögen, das entweder von einem Stifter für einen von diesem festgelegten Zweck einem kirchlichen Träger treuhänderisch übereignet worden ist oder das von einem kirchlichen Träger durch Beschluss einem Zweck gewidmet worden ist.
( 2 ) Kirchliche Träger im Sinne des Absatzes 1 können sein
  1. die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck,
  2. ihre Kirchengemeinden, Kirchenkreise und kirchlichen Verbände,
  3. ihre rechtsfähigen kirchlichen Stiftungen des privaten und des öffentlichen Rechts.
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§ 17
Treuhandvertrag

( 1 ) Der Stifter legt im Treuhandvertrag zur Stiftungsgründung den Zweck der Stiftung, den Namen und die Vermögensausstattung fest sowie gegebenenfalls die Errichtung eines Gremiums zur internen Entscheidungsfindung. Gleiches gilt für den Gründungsbeschluss eines kirchlichen Trägers.
( 2 ) Der Stifter kann eine besondere Regelung über den Vermögensanfall für den Fall des Erlöschens der nicht rechtsfähigen Stiftung treffen. Wird keine Regelung getroffen, verbleibt das Vermögen bei dem Träger, der es in einer Weise zu verwenden hat, die dem ursprünglichen Stiftungszweck möglichst nahe kommt.
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§ 18
Genehmigung und Anzeige

Der Abschluss eines Treuhandvertrages über die Gründung einer nicht rechtsfähigen Stiftung durch die in § 16 Abs. 2 Nr. 2 genannten Träger bedarf der Genehmigung durch das Landeskirchenamt. Die in § 16 Abs. 2 Nr. 3 genannten Träger haben die Gründung einer nicht rechtsfähigen Stiftung dem Landeskirchenamt anzuzeigen.
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§ 19
Buchführung, Jahresabschluss

Die kirchlichen Träger gem. § 16 Abs. 2 Nr. 1 und 2 unterliegen bei der treuhänderischen Verwaltung der nicht rechtsfähigen Stiftungen den Regelungen des kirchlichen Haushaltsrechts.
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Abschnitt 3
Schlussbestimmungen

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§ 20
Stiftungsverzeichnis

( 1 ) Das Landeskirchenamt führt ein Verzeichnis der kirchlichen Stiftungen, die unter seiner Aufsicht stehen.
( 2 ) In das Stiftungsverzeichnis sind einzutragen:
  1. der Name der Stiftung,
  2. der Zweck der Stiftung,
  3. das zur Vertretung berechtigte Organ der Stiftung,
  4. das Jahr der Anerkennung,
  5. der Sitz der Stiftung sowie
  6. die Anschrift der Stiftung.
( 3 ) Die Stiftung hat die in Absatz 2 genannten Angaben und spätere Änderungen der Stiftungsbehörde unverzüglich mitzuteilen.
( 4 ) Eintragungen im Stiftungsverzeichnis begründen nicht die Vermutung ihrer Richtigkeit.
( 5 ) Die Einsicht in das Stiftungsverzeichnis ist jedem gestattet.