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Anlage 17
AVR.KW-Kirche
Dienstvereinbarung aufgrund einer vorübergehenden wirtschaftlichen Notlage

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§ 1 Wirtschaftliche Notlage

( 1 ) Eine wirtschaftliche Notlage ist anzunehmen, wenn die Einrichtung oder ein wirtschaftlich selbständig arbeitender Teil der Einrichtung nicht in der Lage ist oder kurzfristig sein wird, aus den laufend erwirtschafteten Mitteln
  • die laufenden Verpflichtungen einschließlich des Schuldendienstes sowie
  • die planmäßigen, betriebswirtschaftlich notwendigen und bis zum Ende des Planungszeitraums (max. 5 Jahre) durchzuführenden Verpflichtungen (gem. Wirtschaftsplan/Investitionsplan, der ausgehend von den Vorjahresabschlüssen kontinuierlich nachvollziehbar sein muss) zu erfüllen und dadurch der Bestand der Einrichtung nachhaltig gefährdet ist.
Dieser Fall tritt ein, wenn laut dem nach Abs. 2 zu ermittelnden Ergebnis ein finanzwirtschaftlicher Überschuss nicht besteht oder die planmäßigen Verpflichtungen nicht bedient werden können.
( 2 ) Das nach Abs. 1 zu Grunde zu legende Ergebnis ist wie folgt zu ermitteln:
  • Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit
  • zuzüglich der Abschreibungen,
  • zuzüglich der Zuführungen und abzüglich der Auflösungen von langfristigen Rückstellungen (ohne insolvenzsicherungspflichtige Rückstellungen für Altersteilzeit),
  • abzüglich der Erträge aus der Auflösung der Sonderposten aus Investitionsförderung,
  • abzüglich der Spenden,
  • zuzüglich der sonstigen zahlungsunwirksamen Aufwendungen und abzüglich der sonstigen zahlungsunwirksamen Erträge
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§ 2 Personalkostenreduzierung

( 1 ) Zur Überwindung der wirtschaftlichen Notlage und zur Abwendung betriebsbedingter Kündigungen können für die Mitarbeitenden mit Zustimmung der Arbeitsrechtlichen Kommission Maßnahmen zur Personalkostenreduzierung in einer Dienstvereinbarung festgelegt werden (z.B. Änderung der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit, Absenkung der tariflichen Einmalzahlungen, Verringerung der regelmäßigen monatlichen Vergütung, etc.).
( 2 ) Die personalkostenreduzierenden Maßnahmen dürfen insgesamt 15% der Brutto-vergütung der jeweils betroffenen Beschäftigten nicht übersteigen. Die Arbeitsrechtliche Kommission kann in einem erweiterten Zustimmungsverfahren (§ 5 Abs. 3) die Zustimmung auch zu Dienstvereinbarungen erteilen, deren Maßnahmen insgesamt 20% der Bruttovergütung der jeweils betroffenen Beschäftigten nicht übersteigen.
Auf den zulässigen Umfang einer Personalkostenreduzierung (max. 15% bzw. max. 20%) sind etwaige weitere Reduzierungen anzurechnen, die eine anderweitige Rechtsgrundlage haben (Dienstvereinbarung zur Sicherung der Leistungsangebote gem. § 17, Kürzung des 13. Entgelts gem. Anlage 14, einzelarbeitsvertragliche Vereinbarungen mit Mitarbeitenden).
Der zulässige Umfang der Personalkostenreduzierung (max. 15% bzw. max. 20%) bezieht sich auf die Vergütung, die während der Laufzeit der Dienstvereinbarung zusteht, wobei Einmalzahlungen monatsanteilig als zustehend zu berücksichtigen sind.
( 3 ) Personalkostenreduzierungen können nur vorgenommen werden, wenn die Einrichtung ein Konzept zur Zukunftssicherung der Einrichtung oder eines wirtschaftlich selbständig arbeitenden Teiles der Einrichtung vorlegt. In dem Zukunftssicherungskonzept muss schlüssig dargelegt werden,
  1. welche Faktoren in welcher Weise dazu beitragen, dass die Absenkung der Vergütung nach AVR.KW notwendig erscheint (Ursachenanalyse),
  2. dass der Bestand der Einrichtung oder eines wirtschaftlich selbständig arbeitenden Teiles der Einrichtung gesichert werden kann und welche Maßnah-men ergriffen werden, um der Notwendigkeit einer Absenkung der Vergütung nach AVR.KW entgegenzuwirken und
  3. ob die Einrichtung oder ein wirtschaftlich selbständig arbeitender Teil der Einrichtung nach Ablauf der Notlagenregelung die uneingeschränkte Anwendung der AVR KW voraussichtlich sicherstellen kann.
( 4 ) Die Maßnahmen zur Personalkostenreduzierung sind einzuschränken oder aufzuheben, soweit diese nicht mehr zur Überwindung der Notlage im Sinne von § 1 erforderlich sind. Die Entscheidung über die Erforderlichkeit treffen Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung. Im Falle der Nichteinigung entscheidet auf Antrag der Dienststellenleitung oder der Mitarbeitervertretung die Einigungsstelle (§ 4 Abs. 3) bzw. im Fall einer Personalkostenreduzierung gem. Abs. 2 von mehr als 15% die Ar-beitsrechtliche Kommission.
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§ 3 Dienstvereinbarung

( 1 ) Voraussetzung für den Abschluss einer Dienstvereinbarung gemäß § 2 ist, dass die Dienststellenleitung der Mitarbeitervertretung vor Abschluss der Dienstvereinbarung die wirtschaftliche Situation der Einrichtung oder eines wirtschaftlich selbständig arbeitenden Teiles der Einrichtung darlegt. Dazu sind der Mitarbeitervertretung die dafür erforderlichen Unterlagen zu übergeben. Dienststellenleitung und Mitarbeitervertretung haben vor Abschluss der Dienstvereinbarung zu prüfen, ob es andere Möglichkeiten zur Überwindung der wirtschaftlichen Notlage gibt.
( 2 ) Die Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen diakonischer Einrichtungen in Kurhessen-Waldeck (AGMAV) muss bei Abschluss einer Dienstvereinbarung bera-tend hinzugezogen und vor Unterzeichnung der Dienstvereinbarung über das Ergebnis informiert werden. Die Dienstvereinbarungsparteien verständigen sich darüber, welche anderen Personen, z.B. Jahresabschlussprüfer, hinzugezogen werden, die entweder zur berufsmäßigen Verschwiegenheit verpflichtet sein müssen oder in ent-sprechender Anwendung von § 22 MVG.KW zur Verschwiegenheit zu verpflichten sind. Der MAV ist die unmittelbare Unterrichtung durch einen Sachverständigen zu ermöglichen.
( 3 ) Voraussetzung ist ferner, dass in die Dienstvereinbarung aufgenommen werden
  1. die Bildung eines gemeinsamen Ausschusses zwischen Mitarbeitervertretung und Leitung, in dem laufend die Umsetzung des Konzeptes zur Überwindung der wirtschaftlichen Notlage beraten wird. Der Ausschuss hat während der Laufzeit zu prüfen, ob die Senkung der Personalkosten in der vereinbarten Höhe notwendig ist. Die Mitglieder der Dienststellenleitung und die Mitglieder der Mitarbeitervertretung des Ausschusses sind berechtigt, zu den Sitzungen sachkundige Personen in entsprechender Anwendung des § 25 MVG.KW hinzuzuziehen;
  2. die Verpflichtung des Dienstgebers, während der Laufzeit der Dienstvereinbarung keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, es sei denn, diese sind Teil des Zukunftssicherungskonzeptes und die Mitarbeitervertretung stimmt den betriebsbedingten Kündigungen uneingeschränkt zu (§ 41 Abs. 2 und § 38 Abs. 4 MVG.KW finden keine Anwendung); den auf Grund solcher Kündigungen ausscheidenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind die nach § 2 nicht gezahlten Bezügebestandteile beim Ausscheiden nachzuzahlen;
  3. ob und welche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus sozialen Gründen ganz oder teilweise von der vorübergehenden Absenkung ausgenommen werden sollen;
  4. die Festlegung, welche Jahresergebnisse, auf die sich die Maßnahmen der Dienstvereinbarung unmittelbar auswirken, konkret angestrebt werden sowie eine Regelung, wie mit einem evtl. übersteigendem Jahresergebnis umgegangen werden soll ( z.B. Ausschüttung an die Mitarbeitenden bis zur Höhe der einbehaltenen bzw. anzurechnenden Vergütung; Zuführung zu Rücklagen; konkrete Festlegung zusammen mit der MAV erst nach Vorliegen des entsprechenden Jahresabschlusses; etc.).
  5. die Laufzeit der vorübergehenden Absenkung festzulegen und die Verpflichtung des Dienstgebers, nach Ende der Laufzeit die festgelegten Bezüge gemäß den AVR KW zu bezahlen.
Die Einrichtungsleitung ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass Beschäftigte der Einrichtung, die nicht gem. AVR KW vergütet werden, sich entsprechend an den Maßnahmen beteiligen.
( 4 ) Mitarbeitervertretung und Dienststellenleitung sind berechtigt, die Dienstvereinbarung jederzeit fristlos aus wichtigem Grund zu kündigen. Ein wichtiger Grund ist insbesondere gegeben, wenn die Dienststellenleitung gegen das Kündigungsverbot gemäß Absatz 3 Nr. 2 verstößt oder ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB stattfindet.
Die Laufzeit der Dienstvereinbarung endet vorfristig, wenn die Mitarbeitervertretung nicht mehr besteht und Neuwahlen nicht eingeleitet sind.
Wird nach Abschluss der Dienstvereinbarung Kurzarbeit vereinbart, ruht die vorübergehende Absenkung der Personalkosten gemäß § 2.
Die Dienstvereinbarung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der vorherigen Genehmigung durch die Arbeitsrechtliche Kommission.
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§ 4 Einigungsstelle

( 1 ) Kommt eine Dienstvereinbarung innerhalb von drei Monaten nicht zustande (vorläufiges Scheitern der Dienstvereinbarung), kann jede Seite die Entscheidung der Einigungsstelle gemäß Anlage 7 beantragen. Die Frist beginnt mit schriftlicher Aufforderung der Dienststellenleitung oder der Mitarbeitervertretung bzw. der Gesamtmitarbeitervertretung und im Falle der Aufforderung durch die Dienststellenleitung mit vollständiger Information im Sinne von § 1.
Die Entscheidung der Einigungsstelle tritt an die Stelle der Dienstvereinbarung.
( 2 ) Die Einigungsstelle kann von beiden Seiten auch angerufen werden, wenn Mei-nungsverschiedenheiten bestehen, ob die Verpflichtungen aus der Dienstvereinba-rung ordnungsgemäß erfüllt und insbesondere die nach § 3 Abs. 4 festgelegten Regelungen eingehalten werden. Dies setzt voraus, dass die betreffende Verpflichtung vorher noch einmal schriftlich geltend gemacht und innerhalb von 4 Wochen nicht erfüllt wird.
Die Dienstvereinbarung ist entsprechend der Entscheidung der Einigungsstelle durchzuführen.
Die Einigungsstelle kann bei Anhaltspunkten, dass Verpflichtungen aus der Dienstvereinbarung aufgrund von strukturellen Unzulänglichkeiten nicht eingehalten werden, auch eine Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung nach dem Prüfungsstandard des Instituts der Wirtschaftsprüfer anordnen.
( 3 ) Die Einigungsstelle entscheidet auf Antrag einer der Parteien auch über die Än-derung oder Aufhebung der Dienstvereinbarung, soweit diese nicht mehr zur Überwindung der Notlage im Sinne von § 1 für erforderlich gehalten wird (§ 2 Abs. 4). Dies setzt voraus, dass die jeweils andere Partei zu einer Änderung bzw. zur Aufhebung aufgefordert worden ist und innerhalb von einem Monat keine Einigung erzielt werden konnte. Die Frist kann einvernehmlich verlängert werden.
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§ 5 Zustimmungsverfahren

( 1 ) Die Dienstvereinbarung bzw. eine ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle ist der Arbeitsrechtlichen Kommission der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck und des Diakonischen Werkes in Kurhessen-Waldeck zur Zustimmung vorzulegen.
( 2 ) Sofern die Maßnahmen 15% der Bruttovergütung (§ 2 Abs. 2) nicht übersteigen, ist die Zustimmung zu erteilen, wenn in der Vereinbarung eine Notlage im Sinne von § 1 dargelegt ist, die Maßnahmen gem. § 2 Abs. 2 nicht überschritten werden, ein Zukunftssicherungskonzept gem. § 2 Abs. 3 vorliegt, die AG MAV nach § 3 Abs. 2 ordnungsgemäß zur Beratung hinzugezogen wurde und die weiteren Regelungsge-genstände gemäß § 3 Abs. 3 aufgenommen sind.
( 3 ) Sofern die Maßnahmen mehr als 15% bis max. 20% der Bruttovergütung (§ 2 Abs. 2) betragen, entscheidet die Arbeitsrechtliche Kommission über die Zustimmung auf der Grundlage einer eigenen Meinungsbildung über die wirtschaftliche Notlage. Der Antrag auf Zustimmung muss die zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage erforderlichen Informationen enthalten, insbesondere auch die testierten Jahresabschlüsse der letzten zwei Jahre. Reichen die vorgelegten Unterlagen zur Beurteilung nicht aus, wird die Dienststellenleitung aufgefordert, die weiteren von der Arbeitsrechtlichen Kommission für erforderlich gehaltenen Unterlagen vorzulegen und ggf. zu erläutern.
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§ 6 Überwindung vorübergehender Liquiditätsengpässe

Zur Überwindung eines vorübergehenden Liquiditätsengpasses kann die Fälligkeit von Teilen der Bezüge bis zur Höhe von 10 v. H. des Bruttojahresentgelt der jeweiligen Mitarbeitenden durch Dienstvereinbarung ohne Genehmigung der Arbeitsrechtlichen Kommission um bis zu zwölf Monate aufgeschoben werden. Die Arbeitsrechtliche Kommission muss über den Abschluss durch Übersendung der Dienstvereinbarung informiert werden. Die Dienstvereinbarung wird an dem Tage wirksam, an dem die Geschäftsstelle der Arbeitsrechtlichen Kommission den Eingang bestätigt hat.
Anmerkung:
Unter einem wirtschaftlich selbständig arbeitenden Teil einer Einrichtung i. S. d. § 1 Abs. 1 ist die kleinste organisatorische Einheit der Einrichtung zu verstehen, für die eine vollständige, in sich abgeschlossene Buchhaltung abgebildet werden kann. Eine abgeschlossene Buchhaltung beinhaltet eine entsprechende Erfassung aller buchungspflichtigen Ereignisse und die mögliche Erstellung aller Nachweise für einen gesetzlichen Einzelabschluss im Sinne von § 242 HGB. Nicht ausreichend ist die Zuordnung einer organisatorischen Einheit der Einrichtung als Kostenstelle im Rahmen der Kostenstellenrechnung. Für den wirtschaftlich selbständig arbeitenden Teil einer Einrichtung ist eine Gewinn- und Verlustrechnung zu erstellen.
Anmerkung 2: Stationäre Altenpflege
Unter einem wirtschaftlich selbständig arbeitenden Teil einer Einrichtung – auch einer Komplexeinrichtung - i.S.d. § 1 Abs. 1 ist eine organisatorische Einheit der Einrichtung zu verstehen, für die eigene Pflegesätze/-vergütungen vereinbart werden. Für den wirtschaftlich selbständig arbeitenden Teil der Einrichtung ist eine Kostenstellenrechnung analog einer Gewinn- und Verlustrechnung zu erstellen, die ein vereidigter Wirtschaftsprüfer oder eine Treuhandstelle einer Plausibilitätsbeurteilung un-terzieht.
Wird die Dienstvereinbarung gem. § 2 für eine oder mehrere wirtschaftlich selbständige Teile einer Einrichtung vereinbart, sind diese und die dort tätigen Mitarbeitenden zu benennen.
Die Dienstvereinbarung gem. § 2 ist mit der Mitarbeitervertretung des jeweiligen wirtschaftlich selbständig arbeitenden Teils abzuschließen. Besteht in der Einrichtung eine Gesamtmitarbeitervertretung, so ist zuvor zwischen dieser und der örtlich zuständigen Mitarbeitervertretung Einvernehmen über die abzuschließende Dienstvereinbarung herzustellen.
Mitarbeiter mit Querschnittsfunktionen
Besteht in einem oder mehreren wirtschaftlich selbständig arbeitenden Teilen einer Einrichtung eine wirtschaftliche Notlage im Sinne des § 1 und werden die Personalkosten der dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch eine Dienstvereinbarung gem. § 2 reduziert, kann zwischen der Mitarbeitervertretung und der Einrichtungsleitung eine Dienstvereinbarung abgeschlossen werden, die eine Reduzierung der Personalkosten auch für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Querschnittsfunktion vorsieht. Die Höhe der Reduzierung richtet sich in diesem Fall nach dem Durchschnitt der Reduzierungen in allen wirtschaftlich selbständig arbeitenden Teilen der Einrichtung. Die Arbeitsrechtliche Kommission muss über den Abschluss der Dienstvereinbarung durch Übersendung der Dienstvereinbarung informiert werden. Die Dienstvereinbarung wird an dem Tag wirksam, an dem die Geschäftsstelle den Eingang bestätigt hat.
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