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Verwaltungsordnung über die Führung von Kirchengemeindechroniken
(Chronikordnung)

vom 09. Mai 2017

KABl. S. 69

Aufgrund von Artikel 139 Absatz 1 Buchstabe g) der Grundordnung der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck vom 22. Mai 1967 (KABl. S. 19) hat das Landeskirchenamt die folgende Verwaltungsordnung beschlossen:
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§ 1 Allgemeines

( 1 ) Für jede Kirchengemeinde ist eine Chronik zu führen. Für mehrere pfarramtlich verbundene Kirchengemeinden (Kirchspiel) kann eine einheitliche Chronik geführt werden.
( 2 ) Die Chronik dient als Quelle für die künftige Geschichtsschreibung und ergänzt Urkunden und Akten zum Nachweis über das Bestehen von Rechtsverhältnissen. Sie soll Amtsnachfolgerinnen und -nachfolgern ein Bild über die Gemeindeverhältnisse bieten und deren Einarbeitung in der Kirchengemeinde oder dem Kirchspiel erleichtern.
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§ 2 Inhalt der Aufzeichnungen

( 1 ) In der Chronik sind die für das kirchengemeindliche Leben bedeutsamen Ereignisse und Sachverhalte zu berichten und soweit erforderlich zu kommentieren.
Hierzu können gehören:
  • Veränderungen des Gemeindegebietes, der Gemeindestruktur, des Gebäude- und Vermögensbestandes und des kirchlichen Lebens;
  • Veränderungen bei der Besetzung von Pfarrstellen;
  • Veränderungen im Bereich der beruflich Beschäftigten und der ehrenamtlich Mitarbeitenden in der Gemeinde;
  • Veränderungen bei Gruppen und Kreisen;
  • diakonische, ökumenische und missionarische Arbeit;
  • Feste, Veranstaltungen, besondere Gottesdienste;
  • außergemeindliche Ereignisse, Verhältnisse und Entwicklungen, soweit sie Leben, Bestand und Zustand der Kirchengemeinde beeinflussen.
( 2 ) Die Darstellung hat wahrheitsgemäß und zeitnah zu erfolgen. Eine Verfälschung durch spätere Rekonstruktion oder Reflexion ist zu vermeiden. Persönliche Anmerkungen und Kommentare der Chronikführerin oder des Chronikführers sind als solche zu kennzeichnen; dabei sind Äußerungen zu vermeiden, die zur Herabwürdigung oder Beleidigung anderer Personen geeignet sind.
( 3 ) Eine Sammlung von Gemeindebriefen erfüllt die Anforderungen an eine Chronik nicht. Sie kann der Chronik als Anlage beigefügt werden.
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§ 3 Form

( 1 ) Die Chronik ist in gebundener Form oder als Lose-Blatt-Buch zu führen. Die Seiten sind fortlaufend zu nummerieren.
( 2 ) Bei Führung als Lose-Blatt-Buch muss die Chronik bei entsprechender Stärke, spätestens bei Beendigung des Auftrags der Chronikführerin oder des Chronikführers in der Kirchengemeinde oder dem Kirchspiel, fest eingebunden werden.
( 3 ) Die Chronik kann handschriftlich oder in gedruckter Form erstellt werden. Es müssen alterungsbeständiges Papier und dokumentenechte Schreibmittel verwendet werden.
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§ 4 Anlagen zur Chronik

Für die Geschichte der Kirchengemeinde wichtige Zeitdokumente werden als ergänzende Bestandteile der Chronik gesammelt und in einer Anlagemappe mit entsprechender Aufschrift gesondert aufbewahrt.
Insbesondere kommen in Betracht:
  • gedrucktes Material (z. B. Zeitungsausschnitte, Veranstaltungsprogramme, Gemeindebriefe);
  • Fotos und Dias;
  • Manuskripte;
  • Abschriften oder Fotokopien von Aktenstücken oder Urkunden;
  • digitale Datenträger.
Alle Anlagen sind mit Angaben über Zeit, Ort und Anlass der Entstehung zu versehen.
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§ 5 Chronikführerin oder Chronikführer

( 1 ) Die Führung der Chronik ist eine dienstliche Verpflichtung gemäß § 40 des Pfarrdienstgesetzes der EKD.
( 2 ) Die Chronik führt die oder der nach Artikel 28 a Satz 1 der Grundordnung für die Führung der Geschäfte des Kirchenvorstandes zuständige Pfarrerin oder Pfarrer.
( 3 ) In Kirchengemeinden mit mehreren Pfarrstellen kann die Chronik bei Besonderheiten eines Pfarrbezirkes oder eines Pfarramtes von der oder dem jeweils betroffenen Pfarrerin oder Pfarrer ergänzt werden.
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§ 6 Aufbewahrung

Die Chronik ist im Pfarramt unter Verschluss aufzubewahren. Sie darf nur auf Anordnung des Landeskirchenamtes oder aus wichtigem Grund (z. B. Gefahr im Verzug, Bauarbeiten) von ihrem Aufbewahrungsort entfernt werden.
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§ 7 Übergabe bei Wechsel im Pfarramt

Beim Wechsel der Pfarrstelleninhaberin oder des Pfarrstelleninhabers ist die Chronik der Nachfolgerin oder dem Nachfolger oder der Vertretung im Amt zu übergeben. Jede Übergabe ist protokollarisch festzuhalten und zu den Akten zu nehmen.
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§ 8 Einsichtnahme

( 1 ) Zur Einsichtnahme in die Chronik sind das Landeskirchenamt und die Dekanin oder der Dekan im Rahmen der Dienstaufsicht und der Pfarramtsrevision berechtigt. Die Mitglieder des Kirchenvorstandes haben keinen Anspruch auf Einsichtnahme.
( 2 ) Bei Vorliegen eines berechtigten Interesses kann der Kirchenvorstand insoweit Dritten die Einsichtnahme in die Chronik unter Aufsicht gestatten. Ein berechtigtes Interesse kann insbesondere vorliegen, wenn die Einsichtnahme aus kirchlichen, wissenschaftlichen, heimat- oder familienkundlichen Gründen oder im öffentlichen Interesse beantragt wird. Die Einsichtnahme wird nur unter Beachtung der in § 9 dieser Verwaltungsordnung genannten Bedingungen gewährt. Vor der Genehmigung durch den Kirchenvorstand prüft die oder der chronikführende Pfarrerin oder Pfarrer entgegenstehende Rechte Dritter und teilt das Ergebnis dem Kirchenvorstand mit. In Zweifelsfällen entscheidet das Landeskirchenamt.
( 3 ) Eine Ausleihe der Chronik ist nicht gestattet.
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§ 9 Benutzung für die Geschichtsforschung

( 1 ) Die Chronik soll der Geschichtsforschung soweit wie möglich nutzbar gemacht werden. Dabei sind die Rechte der in den Einträgen erwähnten oder aus dem Zusammenhang identifizierbaren noch lebenden Personen zu beachten; hierzu gehört insbesondere der Schutz der Persönlichkeitsrechte sowie des Urheberrechts. Die Chronikeinträge der jüngeren Zeit (jünger als 50 Jahre) dürfen einem Geschichtsforscher in der Regel nur durch Auszüge oder auszugsweise Abschriften (Fotokopien) zugänglich gemacht werden. In ältere Einträge, die regelmäßig keine schutzwürdigen Angaben enthalten, kann dem Forscher unbeschränkt Einblick gegeben werden.
( 2 ) Vor der Nutzung der Chronik hat die oder der Einsichtnehmende eine schriftliche Erklärung (siehe Anlage)1# über die Beachtung der Urheber- und Persönlichkeitsrechte abzugeben.
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§ 10 Überwachung der Führung von Chroniken

Die Dekanin oder der Dekan überwacht mit Unterstützung des Landeskirchenamtes die Führung der Chronik im Rahmen der Dienstaufsicht und Revisionen.
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§ 11 Inkrafttreten

Diese Verwaltungsordnung tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt treten die Anordnungen und Richtlinien zur Führung der Pfarrchronik vom 13. August 1891 (KABl. S. 36) außer Kraft.

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1 ↑ vom Abdruck wird abgesehen