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Kirchengesetz über kirchliche Stiftungen
in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (KStiftG)

Vom 29. November 2023

KABl. S. 291, Nr. 176

Die Landessynode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck hat das folgende Kirchengesetz beschlossen:
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§ 1
Geltungsbereich

Dieses Kirchengesetz gilt für die rechtsfähigen evangelisch-kirchlichen Stiftungen, die der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck organisatorisch zugeordnet sind, sowie für die nicht rechtsfähigen evangelisch-kirchlichen Stiftungen, deren Treuhänder der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck organisatorisch zugeordnet sind.
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Abschnitt 1
Die rechtsfähige kirchliche Stiftung

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§ 2
Begriff der kirchlichen Stiftung

( 1 ) Kirchliche Stiftungen im Sinne dieses Kirchengesetzes sind rechtsfähige Stiftungen des öffentlichen Rechts oder des bürgerlichen Rechts, die:
  1. durch die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck oder ihre Körperschaften, insbesondere den Kirchengemeinden, Kirchenkreisen und kirchlichen Verbänden, errichtet worden sind;
  2. von anderen natürlichen oder juristischen Personen errichtet worden sind und
    1. die organisatorisch der Kirche zugeordnet oder
    2. deren Zweck so bestimmt ist, dass er sinnvoll nur in Verbindung mit der Kirche erfüllt werden kann.
( 2 ) Kirchliche Stiftungen des öffentlichen Rechts sind rechtsfähige Stiftungen, die zur Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, ihren Kirchengemeinden, Kirchenkreisen und kirchlichen Verbänden in einer solchen Beziehung stehen, dass sie als kirchliche Einrichtung erscheinen und als kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts errichtet oder anerkannt worden sind.
( 3 ) Kirchliche Stiftungen des bürgerlichen Rechts sind rechtsfähige Stiftungen, die nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches errichtet worden sind.
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§ 3
Entstehung der Stiftung

( 1 ) Für die Entstehung einer Stiftung gelten die Vorschriften des staatlichen und kirchlichen Rechts.
( 2 ) Die Stifterinnen und Stifter haben den Antrag auf Anerkennung als kirchliche Stiftung beim Landeskirchenamt vor dem Antrag auf staatliche Anerkennung zu stellen.
( 3 ) Die Anerkennung der Stiftung als kirchliche Stiftung ist im Kirchlichen Amtsblatt zu veröffentlichen.
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§ 4
Stiftungsverfassung

( 1 ) Die Stiftungsverfassung muss neben den allgemeinen gesetzlichen Anforderungen Regelungen enthalten über
  1. den kirchlichen oder diakonischen Zweck der Stiftung,
  2. die kirchliche Aufsicht und
  3. die Anfallberechtigung an eine kirchliche oder diakonische Körperschaft.
( 2 ) Die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs sollen einer Kirche angehören, die Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland ist. Die Mehrheit soll einer evangelischen Kirche angehören, die Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland oder mit der die Evangelische Kirche in Deutschland in Kirchengemeinschaft verbunden ist.
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Abschnitt 2
Die Verwaltung der Stiftung

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§ 5
Stiftungsverwaltung

( 1 ) Die Stiftungsorgane haben die Stiftung sparsam und nach den Regeln ordentlicher Wirtschaftsführung zu verwalten. Die Verwaltung dient der dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks unter Berücksichtigung des Willens der Stifterin oder des Stifters.
( 2 ) Vergütungen für Dienstleistungen, Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgelder sind schriftlich zu regeln.
( 3 ) Die Mitglieder der Stiftungsorgane sind verpflichtet, über Angelegenheiten, die ihrer Natur nach vertraulich sind oder als vertraulich erklärt werden, Stillschweigen zu bewahren.
( 4 ) Ein Mitglied eines Stiftungsorgans darf nicht an Beratungen und Abstimmungen teilnehmen, die es selbst, einen seiner Angehörigen im Sinne des § 20 Absatz 5 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes in der jeweils geltenden Fassung oder eine von ihm kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretene Person persönlich betreffen oder ihnen einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen können. Auf Verlangen ist das Mitglied vor der Beschlussfassung zu hören. Die Beachtung dieser Bestimmung ist in der Niederschrift festzuhalten.
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§ 6
Vermögenserhalt

Das Landeskirchenamt kann auf Antrag einer Stiftung für einen bestimmten Teil des Grundstockvermögens eine zeitlich begrenzte Ausnahme vom Grundsatz des ungeschmälerten Erhalts gemäß § 83c Absatz 1 Satz 1 BGB zulassen, wenn dadurch die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks nicht beeinträchtigt wird.
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§ 7
Buchführung, Jahresabschluss

( 1 ) Die Stiftung ist in Bezug auf alle Einnahmen und Ausgaben zur ordnungsgemäßen Buchführung und Rechnungslegung verpflichtet.
( 2 ) Sofern die Verfassung nichts anderes bestimmt, ist Rechnungs- und Geschäftsjahr das Kalenderjahr.
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Abschnitt 3
Die Aufsicht über die Stiftungen

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§ 8
Stiftungsaufsicht

( 1 ) Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht der Landeskirche. Die laufende Aufsicht über die Stiftungen wird vom Landeskirchenamt wahrgenommen.
( 2 ) Aufgabe der Stiftungsaufsicht ist es, sicherzustellen, dass die Verwaltung der Stiftung nach Maßgabe dieses Gesetzes und des kirchlichen Rechts sowie im Einklang mit dem Willen der Stifterinnen und Stifter sowie der Stiftungsverfassung geführt wird; dazu gehört auch die Ausformung der Stiftung als einer Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Die Stiftungsaufsicht soll die Stiftungsorgane sachverständig beraten.
( 3 ) Das zur Vertretung der Stiftung berufene Organ ist verpflichtet, dem Landeskirchenamt die Zusammensetzung und jede Änderung in der Zusammensetzung eines Organs unverzüglich anzuzeigen.
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§ 9
Durchführung der Stiftungsaufsicht

( 1 ) Das Landeskirchenamt kann sich über alle Angelegenheiten der Stiftung unterrichten. Es kann insbesondere Einrichtungen der Stiftung besichtigen, die Vorlage von Berichten, Akten und sonstigen Unterlagen verlangen. Sie kann die Geschäfts- und Kassenführung prüfen oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes auf Kosten der Stiftung prüfen lassen.
( 2 ) Der ordnungsgemäße Jahresabschluss ist mit einer Vermögensübersicht und einem Geschäftsbericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks innerhalb von sechs Monaten nach Schluss des Geschäftsjahres dem Landeskirchenamt vorzulegen. Umfasst der Stiftungszweck die treuhänderische Verwaltung von nicht rechtsfähigen Stiftungen, müssen die Unterlagen die treuhänderisch verwalteten nicht rechtsfähigen Stiftungen einbeziehen.
( 3 ) Das Landeskirchenamt kann anordnen, dass der Jahresabschluss durch das Amt für Revision, einen Prüfungsverband, eine Wirtschaftsprüferin oder einen Wirtschaftsprüfer oder eine andere zur Erteilung eines gleichwertigen Bestätigungsvermerks befugte Person oder Gesellschaft geprüft wird.
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§ 10
Genehmigungsvorbehalte

Folgende Rechtsgeschäfte und Maßnahmen der Stiftungsorgane bedürfen der Genehmigung des Landeskirchenamtes:
  1. Erwerb, Veräußerung oder Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie Erwerb und Aufgabe von Rechten an fremden Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten,
  2. der Abschluss und die Änderung von Gesellschafts-, Beteiligungs- und Betriebsführungsverträgen.
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§ 11
Beanstandung

Das Landeskirchenamt kann Beschlüsse und sonstige Maßnahmen der Stiftungsorgane, die kirchliches Recht verletzen oder gegen die Verfassung der Stiftung verstoßen, beanstanden und anordnen, dass sie innerhalb einer angemessenen Frist aufgehoben, abgeändert oder rückgängig gemacht werden. Beanstandete Beschlüsse und Maßnahmen dürfen nicht vollzogen werden.
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§ 12
Anordnung und Ersatzvornahme

Unterlässt die Stiftung eine rechtlich gebotene Maßnahme oder erfüllt die Stiftung sonstige Pflichten oder Aufgaben nicht, die ihr nach Gesetz oder der Verfassung der Stiftung obliegen, kann das Landeskirchenamt anordnen, dass die Maßnahme innerhalb einer von ihr bestimmten angemessenen Frist durchgeführt wird. Das Landeskirchenamt hat dabei die zu treffenden Maßnahmen zu nennen. Nach erfolglosem Ablauf der Frist kann das Landeskirchenamt die Maßnahmen auf Kosten der Stiftung selbst durchführen oder durchführen lassen.
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§ 13
Abberufung von Organmitgliedern

( 1 ) Das Landeskirchenamt kann Mitglieder eines Stiftungsorgans aus wichtigem Grund, insbesondere wegen grober Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung, abberufen und die Berufung anderer Mitglieder anordnen. Bei schuldhaftem Verhalten bedarf es einer vorherigen Abmahnung.
( 2 ) Das Landeskirchenamt kann dem Mitglied eines Stiftungsorgans einstweilen die Geschäftsführung untersagen, wenn es das Wohl der Stiftung erfordert.
( 3 ) Vor einer Maßnahme nach Absatz 1 oder 2 sollen die übrigen Mitglieder der Stiftungsorgane gehört werden.
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§ 14
Bestellung von Beauftragten

Wenn und solange der ordnungsgemäße Gang der Verwaltung der Stiftung es erfordert und die vorstehenden Befugnisse der Aufsichtsbehörde nicht ausreichen, kann das Landeskirchenamt Beauftragte bestellen, die alle oder einzelne Aufgaben der Stiftung oder eines Stiftungsorgans auf Kosten der Stiftung wahrnehmen.
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§ 15
Verfassungsänderungen, Zulegung, Zusammenlegung, Auflösung, Aufhebung

Verfassungsänderungen, Zulegung, Zusammenlegung, Auflösung und Aufhebung einer Stiftung bedürfen der Genehmigung des Landeskirchenamtes, unbeschadet der Geltung staatlichen Rechts. Der Antrag auf Genehmigung durch die staatliche Stiftungsaufsicht darf erst gestellt werden, wenn die Genehmigung des Landeskirchenamtes vorliegt.
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Abschnitt 4
Die nicht rechtsfähige kirchliche Stiftung

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§ 16
Begriff der nicht rechtsfähigen kirchlichen Stiftung

( 1 ) Eine nicht rechtsfähige kirchliche Stiftung im Sinne dieses Gesetzes ist ein Vermögen, das entweder von einer Stifterin oder einem Stifter für einen von diesen festgelegten Zweck einem kirchlichen Träger gestiftet worden ist oder das von einem kirchlichen Träger durch Beschluss einem kirchlichen oder diakonischen Zweck gewidmet worden ist.
( 2 ) Kirchliche Träger im Sinne der nachfolgenden Bestimmungen können sein
  1. die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck,
  2. ihre Kirchengemeinden, Kirchenkreise und kirchlichen Verbände,
  3. ihre rechtsfähigen kirchlichen Stiftungen des privaten und des öffentlichen Rechts.
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§ 17
Errichtung einer nicht rechtsfähigen kirchlichen Stiftung

( 1 ) Die Stifterin oder der Stifter legt im Stiftungsgeschäft (Treuhandvertrag mit dem zukünftigen Treuhänder, Schenkung unter Auflage oder Testament) zur Stiftungsgründung den Zweck der Stiftung, den Namen und die Vermögensausstattung fest sowie gegebenenfalls die Errichtung eines Gremiums zur internen Entscheidungsfindung. Dasselbe gilt für den Gründungsbeschluss eines kirchlichen Trägers.
( 2 ) Die Stifterin oder der Stifter kann eine besondere Regelung über den Vermögensanfall für den Fall der Auflösung oder Aufhebung der nicht rechtsfähigen Stiftung treffen. Wird keine Regelung getroffen, verbleibt das Vermögen bei dem Träger, der es in einer Weise zu verwenden hat, die dem ursprünglichen Stiftungszweck möglichst nahe kommt.
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§ 18
Genehmigung und Anzeige

Der Beschluss über die Gründung einer nicht rechtsfähigen Stiftung durch die in § 16 Absatz 2 Nummer 2 genannten Träger bedarf der Genehmigung durch das Landeskirchenamt. Die sonstigen kirchengesetzlichen Genehmigungsbefugnisse bleiben unberührt. Die übrigen Träger haben die Gründung einer nicht rechtsfähigen Stiftung anzuzeigen.
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§ 19
Buchführung, Jahresabschluss

Die kirchlichen Träger gemäß § 16 Absatz 2 Nummer 1 und 2 unterliegen bei der treuhänderischen Verwaltung der nicht rechtsfähigen Stiftungen den Regelungen des Kirchlichen Haushaltsrechts.
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§ 20
Verfassungsänderungen, Zulegung, Zusammenlegung, Auflösung, Aufhebung

( 1 ) Durch Verfassungsänderungen können Bestimmungen der Verfassung, die nicht den Stiftungszweck betreffen, geändert werden, wenn dies der Erfüllung des Stiftungszwecks dient.
( 2 ) Änderungen des Stiftungszwecks sind zulässig, wenn sich die Verhältnisse nach der Errichtung wesentlich verändert haben oder der Stiftungszweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden kann.
( 3 ) Die Zulegung oder die Zusammenlegung mit einer anderen Stiftung ist zulässig, wenn sich die Verhältnisse nach der Errichtung der nicht rechtsfähigen Stiftung wesentlich verändert haben und eine Zweckänderung nicht ausreicht, um die nicht rechtsfähige Stiftung an die veränderten Verhältnisse anzupassen.
( 4 ) Die Auflösung der Stiftung ist zu beschließen, wenn die nicht rechtsfähige Stiftung ihren Zweck endgültig nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllen kann.
( 5 ) Das Landeskirchenamt hat die Aufhebung einer nicht rechtsfähigen Stiftung zu beschließen, wenn die Voraussetzung des Absatz 4 vorliegt und das zuständige Organ nicht unverzüglich über die Auflösung entscheidet.
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Abschnitt 5
Schlussbestimmungen

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§ 21
Stiftungsverzeichnis

( 1 ) Das Landeskirchenamt führt ein Verzeichnis der kirchlichen Stiftungen, die unter ihrer Aufsicht stehen.
( 2 ) In das Stiftungsverzeichnis sind einzutragen:
  1. der Name der Stiftung,
  2. der Zweck der Stiftung,
  3. das zur Vertretung berechtigte Organ der Stiftung,
  4. das Jahr der Anerkennung,
  5. der Sitz der Stiftung sowie
  6. die Anschrift der Stiftung.
( 3 ) Die Stiftung hat die in Absatz 2 genannten Angaben und spätere Änderungen der Stiftungsbehörde unverzüglich mitzuteilen.
( 4 ) Eintragungen im Stiftungsverzeichnis begründen nicht die Vermutung ihrer Richtigkeit.
( 5 ) Die Einsicht in das Stiftungsverzeichnis ist jedem gestattet.
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§ 22
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Kirchengesetz tritt am Tag nach der Verkündung im Kirchlichen Amtsblatt in Kraft. Gleichzeitig tritt das Kirchengesetz über kirchliche Stiftungen in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (KStiftG) vom 28. April 2007 (KABl. S. 108) außer Kraft.