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Anlage 5 zum TVöD-Anwendungsbeschluss

Durchführung von Sabbatzeitmodellen gemäß § 10 Absatz 6 TVöD
für die Beschäftigten in der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck

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1. Grundsatz

Bei einer Sabbatzeit handelt es sich um eine längerfristige, bezahlte Freistellung von der Arbeit. Diese Arbeitszeitform basiert auf dem Prinzip, dass Beschäftigte innerhalb festgelegter Rahmenbedingungen ein Arbeitszeitkonto auffüllen können. In der Praxis wird dieses Arbeitszeitmodell dergestalt umgesetzt, dass Beschäftigte über ihre vertraglich festgelegte Arbeitszeit hinaus weitere Arbeitszeit leisten. Diese zusätzliche Arbeitszeit wird einem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben und dort als Wertguthaben geführt.
Bei einer Vollbeschäftigung wird hierzu regelmäßig für die Sabbatzeit (befristet) die normale Arbeitszeit reduziert, damit das Wertguthaben erarbeitet werden kann. Bei einer Teilzeitbeschäftigung kommt eine Reduzierung der bisherigen normalen Arbeitszeit oder Beibehaltung der bisherigen Teilzeit und Leistung von Mehrarbeit in Frage.
Nach der vereinbarten Ansparphase kann die angesparte Arbeitszeit in einer Freistellungsphase verbraucht werden. Während der Gesamtzeit (Anspar- und Freistellungsphase) wird das Entgelt entsprechend der arbeitsvertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit gezahlt.
Die Durchführung einer Sabbatzeit setzt das Einvernehmen des Arbeitgebers und der oder des Beschäftigten voraus. 10 Keine der Vertragsparteien kann die Durchführung gegen den Willen der anderen Vertragspartei durchsetzen. 11 Die Vereinbarung erfolgt schriftlich in Form der befristeten Vertragsänderung.
12 Die gewünschte Sabbatzeit soll bei der zuständigen Personalstelle frühzeitig schriftlich vor Beginn beantragt werden.
13 Der Einsatz nach der Sabbatzeit sollte mitbedacht werden.
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2. Beispiele

Eine Sabbatzeit kann beispielsweise wie folgt vereinbart werden:
3 Jahre einer Teilzeitbeschäftigung mit 2/3 Brutto-Bezügen, wobei man 2 Jahre vollzeitbeschäftigt ist und ein Jahr völlig freigestellt wird; im Gesamtzeitraum von 3 Jahren erhält man also 66 % der Vergütung
4 Jahre einer Teilzeitbeschäftigung mit 3/4 Brutto-Bezügen, wobei man 3 Jahre vollzeitbeschäftigt ist und ein Jahr völlig freigestellt wird; im Gesamtzeitraum von 4 Jahren erhält man also 75 % der Vergütung
6 Jahre einer Teilzeitbeschäftigung mit 5/6 Brutto-Bezügen, wobei man 5 Jahre vollzeitbeschäftigt ist und ein Jahr völlig freigestellt wird; im Gesamtzeitraum von 6 Jahren erhält man also 83,3 % der Vergütung
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3. Ansparphase, Freistellungsphase

Die Freistellungsphase, d. h. die völlige Freistellung vom Dienst, liegt regelmäßig am Ende des festgesetzten Gesamtzeitraumes der Sabbatzeit. Wiederholungen der Sabbatzeit sind möglich.
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4. Arbeitsrechtliche Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis

Entgelterhöhungen wirken sich auch während der Freistellungsphase aus, da das Beschäftigungsverhältnis während der Sabbatzeit fortbesteht. Damit zählt die Zeit der Freistellung als Beschäftigungszeit und zieht Zulagen und Jahressonderzahlung – anteilig zum Teilzeitarbeitsverhältnis – nach sich.
Unständige Bezügebestandteile (Zuschläge, vergütete Bereitschaftsdienste, Schichtzulagen) entfallen in der Freistellungsphase und senken daher die Bruttovergütung.
Innerhalb der Freistellungsphase besteht keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung.
Nach Ablauf der Vereinbarung einer Sabbatzeit gilt wieder der ursprüngliche Arbeitsvertrag.
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5. Sonderfragen

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5.1. Änderung/vorzeitige Beendigung der Sabbatzeit

Eine Veränderung der vereinbarten Form der Sabbatzeit ist nur im Ausnahmefall und im Einvernehmen mit dem Anstellungsträger möglich. Bei einer vorzeitigen Beendigung der Sabbatzeit ist der Ausgleich des angesparten Arbeitszeit-Guthabens zu vereinbaren.
Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erfolgt eine Nachzahlung der Vergütung für den Zeitraum, in dem die gezahlte Vergütung nicht der erbrachten Arbeitsleistung entsprach.
Im Todesfall steht dieser Anspruch den Erben zu.
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5.2. Mutterschutz

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5.2.1. Während der Arbeitsphase

Während der Schutzfristen nach § 3 Absatz 1 und 2 MuSchG wird der Lauf der Sabbatzeit gehemmt (ausgesetzt). Daraus folgt, dass in den Fällen, in denen die Schutzfristen während der Ansparphase liegen, sich der Ablaufzeitpunkt für die Ansparphase um die Zeit der Schutzfristen hinausschiebt und daran anschließend die Freistellungsphase beginnt.
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5.2.2. Während der Freistellungsphase

Auch in den Fällen, in denen die Schutzfristen während der Freistellungsphase liegen, schiebt sich der Ablaufzeitpunkt für die Freistellungsphase um die Zeit der Schutzfristen hinaus. Die Freistellungsphase als Ausgleichszeitraum für die (Mehr-)Arbeit in der Ansparphase bleibt somit in vollem Umfang erhalten.
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5.2.3. Arbeitsentgelt

Während der Schutzfristen ist für die Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld nach § 20 MuSchG von dem aufgrund der Teilzeitvereinbarung zustehenden, anteilig gekürzten Arbeitsentgelt auszugehen. Auf die Tatsache, dass die Beschäftigte in der Arbeitsphase eine volle Arbeitsleistung erbracht hat, kommt es nicht an, weil ein Verdienst i. S. des § 20 Absatz 1 Satz 2 MuSchG nicht erzielt worden ist, wenn die erbrachte Arbeitsleistung durch einen tariflich vorgesehenen Freizeitausgleich abgegolten worden ist.
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5.3. Elternzeit/Sonderurlaub

Wie bei den Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz rechnen auch die Zeiten einer Elternzeit oder eines Sonderurlaubs aus familiären Gründen bei den Zeiten der Arbeitsphase und der Freistellungsphase nicht mit, sodass nach Beendigung der Elternzeit/des Sonderurlaubs die Anspar- oder Freistellungsphase fortgesetzt wird.
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5.4. Arbeitsunfähigkeit

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5.4.1. Während der Ansparphase

Eine während der Ansparphase eintretende Arbeitsunfähigkeit führt nur dann nicht zur Verlängerung des Zeitraums der Ansparphase bzw. zu einer Verkürzung des Zeitraums der Freistellungsphase, wenn die Erkrankung nicht über die Entgeltfortzahlungsfristen hinausgeht.
Bei einer längerfristigen Erkrankung in der Ansparphase, die über die Entgeltfortzahlungsfristen hinausgeht, ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass ein Wertguthaben, mit dem in der Freistellungsphase die sozialrechtliche Absicherung sichergestellt werden muss, nicht in dem Umfang aufgebaut werden kann, wie es für den vorgesehenen Zeitraum der Freistellungsphase erforderlich ist. In diesen Fällen sind insbesondere die Nacharbeit oder die Verkürzung der Freistellungsphase möglich.
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5.4.2. Während der Freistellungsphase

Unabhängig von ihrer Dauer führt eine während der Freistellungsphase eintretende Arbeitsunfähigkeit nicht zu einer Verlängerung der Freistellungsphase. Zum einen ruht daher während der Freistellungsphase der Anspruch auf Krankengeld und zum anderen tangieren Erkrankungen während der Freistellungsphase nicht den Vergütungsanspruch.
Grundsätzlich bedarf es daher keiner Anzeige der Arbeitsunfähigkeit in der Freistellungsphase. Ist der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Rückkehr aus der Freistellungsphase arbeitsunfähig erkrankt, so beginnt die sechswöchige Entgeltfortzahlungsfrist mit dem Tag nach Ablauf der Freistellung. Bei Fortdauer der Erkrankung auch nach Ablauf dieser Frist ist aber für die Berechnung der weiteren Krankenbezugsfristen auf den Eintritt der Arbeitsunfähigkeit während der Freistellungsphase abzustellen und nicht etwa vom Tag nach deren Beendigung auszugehen.
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5.5. Erholungsurlaub

Die Urlaubsdauer und die Urlaubsvergütung berechnen sich aus der Teilzeitbeschäftigung. Während der Ansparphase ergibt sich hinsichtlich der Berechnung des Erholungsurlaubs keine Besonderheit. Für das Kalenderjahr/die Kalenderjahre, in welche/s die Freistellungsphase fällt, wird bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs dieser Zeitraum mit Null Arbeitstagen angesetzt.1#
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6. Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen

Während der gesamten Sabbatzeit besteht durchgängig Versicherungspflicht in der Kranken- und Rentenversicherung und Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung.
Zeiten der Freistellung in der Sabbatzeit gelten als „Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt“. Welche Bezüge der Beitragsberechnung zugrunde gelegt werden, ergibt sich aus § 23b SGB IV.
Auch für die Zusatzversorgung ergeben sich keine Änderungen; die Freistellungsphase wird wie die Ansparphase nach dem reduzierten Beschäftigungsquotienten behandelt.
Da eine Verminderung der Arbeitszeit zu einer anteilmäßigen Reduzierung des Entgeltes führt, kann sich dies mindernd in der Arbeitslosen- und Rentenversicherung auswirken.
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7. Steuerrechtliche Auswirkungen

Bei dem während der Sabbatzeit – entsprechend der vereinbarten Arbeitszeitreduzierung – geringeren Entgelt handelt es sich um eine Entgeltkürzung, aus der folgt, dass sowohl in der Arbeits- als auch in der Freistellungsphase jeweils das reduzierte Entgelt der Besteuerung unterliegt. Falls die Sabbatzeit nicht in Anspruch genommen wird oder werden kann, handelt es sich dagegen bei evtl. Nachzahlungen um Arbeitslohn für mehrere Jahre im Sinne von § 34 EStG (außerordentliche Einkünfte).
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8. Sabbatzeit als Möglichkeit für vorgezogenen Ruhestand

Die Sabbatzeit kann auch als gleitender Übergang für den vorgezogenen Ruhestand genutzt werden. Indem die Freizeitphase an das Ende des Gesamtzeitraumes der Teilzeitbeschäftigung gelegt wird, kann so nahtlos in die Rente gewechselt werden.
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9. Geltungsdauer

Die Möglichkeit der Sabbatzeitvereinbarung gilt bis zu einer abweichenden Beschlussfassung der Arbeitsrechtlichen Kommission.

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1 ↑ Auf ergänzende Rundverfügungen/Informationen aus dem Dezernat/Referat Arbeitsrecht wird verwiesen.