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Richtlinien für die Pflege und Erhaltung von Denkmalorgeln

vom 29. Mai 1978

KABl. S. 72

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In Ergänzung der Richtlinien für die Pflege und Beaufsichtigung von Orgeln (Kirchl. Amtsblatt 1974 S. 331) hat das Landeskirchenamt am 29. Mai 1978 gemäß Artikel 139 Absatz 1 Buchstabe g der Grundordnung folgende Richtlinien für Denkmalorgeln erlassen:
  1. Die Erhaltung von Denkmalorgeln in ihrer gesamten Substanz ist eine Aufgabe der Kirchengemeinden und der Öffentlichkeit. Denkmalorgeln stellen ein Kulturgut dar. Sie sind ein wertvoller Bestandteil des Kircheninnern. Sie können auch heute ihre musikalisch- liturgische Funktion innerhalb des Gottesdienstes erfüllen.
    Stilentsprechende Orgelmusik kann auf ihnen in originaler Klanggestalt dargeboten werden. Musik anderer Epochen – soweit sie vom Klaviaturumfang her darstellbar ist – erfährt durch sie eine instrumentale Interpretation.
    Bei Restaurierungen ist zur Erhaltung des originalen Äußeren und des originalen Klanges besondere Sorgfalt nötig. Veränderungen sollten so weit wie möglich vermieden werden. Dies bezieht sich auf das Orgelwerk einschließlich aller Einzelteile. 10 Der originale Klang ist das Resultat dieser Einzelkomponenten.
  2. Instrumente oder Teile derselben, die älter als 100 Jahre sind, stehen unter Denkmalschutz. Denkmalschutzwürdig sind Instrumente bzw. Teile derselben, die jünger als 100, aber älter als 70 Jahre sind – oder wenn noch jünger – einen besonderen künstlerischen, musikalischen oder historischen Wert haben. Im Zweifelsfall entscheidet über diesen Rang das Gutachten des Sachverständigen.
  3. Über die Richtlinien für die Pflege und Beaufsichtigung von Orgeln hinaus gelten für Denkmalorgeln folgende Regelungen:
    1. Für alle Arbeiten, die über Wartung, Reinigung und Holzschutz hinausgehen, ist ein zweiter Sachverständiger hinzuzuziehen. Dieser wird vom Landeskirchenamt oder Landeskirchenmusikdirektor bestimmt.
    2. In Bagatellfällen können das Landeskirchenamt oder der Landeskirchenmusikdirektor von der Hinzuziehung eines zweiten Sachverständigen absehen. Wird ein zweiter Sachverständiger bestellt, so ist seine Mitwirkung mit der Zustimmung zu dem Gutachten des ersten beendet.
    3. Federführend ist der zuständige Sachverständige, wenn nicht mit seiner Zustimmung etwas anderes vereinbart wird. Er erstellt ein Gutachten, das über den Befund und die erforderlichen Arbeiten Auskunft gibt. Dieses wird dem zweiten Sachverständigen zur Stellungnahme zugeleitet. Diese wird gemeinsam vorgenommen; zumindest wird die Zustimmung zum Abnahmegutachten eingeholt.
      Stimmt der zweite Sachverständige dem Gutachten des ersten nicht zu, so legt er seine Meinung in einem eigenen Gutachten dar. In diesem Fall wird das Landeskirchenamt im Einvernehmen mit dem Landeskirchenmusikdirektor eine Entscheidung herbeiführen.
    4. Für die Planung und Durchführung der Arbeiten im einzelnen werden die Sachverständigen und Orgelbaufirmen auf das Merkblatt für Arbeiten an Denkmalorgeln1# verwiesen. (Ars organi 1976, Heft 49)
    5. Es wird dringend empfohlen, Restaurierungen auf lange Sicht vorzubereiten und ein Restaurierungskonzept zu erstellen. Dieses wird von den Sachverständigen oder mit deren Zustimmung von einer Orgelbaufirma erarbeitet, die an der Ausschreibung beteiligt werden soll. Evtl. kurzfristig notwendig werdende Arbeiten sollen in Übereinstimmung mit diesem Konzept stehen.
    6. Restaurierungen erfordern vom Orgelbauer spezielle Erfahrungen und Kenntnisse sowie Einfühlungsvermögen in das jeweilige Instrument. Deshalb ist die Beratung des Kirchenvorstandes durch den Orgelsachverständigen bei der Auswahl der Orgelbaufirma und der Einholung von Kostenvoranschlägen besonders wichtig.
    7. Um außerkirchliche Zuschüsse für eine Restaurierung zu bekommen, wird empfohlen, Verhandlungen mit den kommunalen Behörden und dem Amt für Denkmalpflege aufzunehmen.
    8. Die Vergütung für die zweiten Sachverständigen richtet sich nach den Gebührensätzen für Orgelsachverständige (KA 1973, S. 125). In Bagatellfällen (III.2) kann nur die Pauschale nach Ziff. 2 der Gebührensätze beansprucht werden.
    9. Die Rechte des Kirchenvorstands bleiben unberührt.
  4. Sind Maßnahmen beabsichtigt, durch die der Prospekt oder das Gehäuse einer Denkmalorgel beseitigt, von seinem Standort entfernt oder in seinem Erscheinungsbild wesentlich beeinträchtigt wird, hat die Kirchengemeinde zusätzlich die Zustimmung des Landesamtes für Denkmalpflege und der Bauberatung im Landeskirchenamt einzuholen (§ 16 des Hessischen Denkmalgesetzes; Kirchl. Amtsblatt 1975, Seite 24).

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1 ↑ Vom Abdruck wurde abgesehen.