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Ordnung für die kirchliche Archivpflege (Archivpflegeordnung)

vom 21. Juli 1998

KABl. S. 126

Änderungen

Lfd. Nr.
Änderndes Recht
Datum
Fundstelle
1
Beschluss
27. Oktober 2012
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Das Landeskirchenamt hat am 21. Juli 1998 aufgrund von § 13 des Archivgesetzes der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck vom 26. April 1997 die folgende Ordnung beschlossen:
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§ 1
Allgemeines

( 1 ) Die Kirchengemeinden und Kirchenkreise sowie die Verbände von Kirchengemeinden und Kirchenkreisen (kirchliche Körperschaften) sind verpflichtet, das bei ihnen entstandene oder ihnen übergebene Archivgut zu kennzeichnen, zu erhalten und gegen Verlust und Beschädigung zu sichern. Sie sollen es zugleich für die kirchliche Arbeit und die Forschung erschließen. Zur Erfüllung dieser Aufgaben sollen sie Archivpfleger berufen.
( 2 ) Die kirchlichen Körperschaften arbeiten mit dem Landeskirchlichen Archiv zusammen, das sie in allen Fragen des Archivwesens berät und betreut.
( 3 ) Die Kirchenkreise unterstützen die Kirchengemeinden und Verbände sowie das Landeskirchliche Archiv bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.
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§ 2
Verwahrung von Archivgut

( 1 ) Kirchliches Archivgut muss in geeigneten Räumen untergebracht werden. Diese müssen trocken und belüftbar sein (10 – 18° C bei 45 – 60% relativer Luftfeuchte). Eine Unterbringung in Kellerräumen oder auf Dachböden ist zu vermeiden. In Zweifelsfällen ist das Landeskirchliche Archiv zu befragen, das auch bei der Einrichtung der Archivräume berät.
( 2 ) Die Räume müssen verschließbar sein und sollen nicht gleichzeitig für archivfremde Zwecke genutzt werden.
( 3 ) Ist kein besonderer Raum für das Archiv vorhanden, ist das Archivgut in verschließbaren Stahlschränken getrennt von anderen Unterlagen aufzubewahren.
( 4 ) Kirchenbücher sind in feuerhemmenden Stahlschränken zu verwahren.
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§ 3
Berufung von Archivpflegern

( 1 ) Wird in einem Kirchenkreis ein Archivpfleger oder eine Archivpflegerin berufen, ist das Landeskirchliche Archiv zuvor anzuhören.
( 2 ) Die Amtsdauer ist in der Regel auf 8 Jahre befristet; erneute Berufung ist möglich.
( 3 ) Archivpfleger üben ihr Amt ehrenamtlich aus. Aufwendungen, die ihnen in ihrem Amt entstehen, sind ihnen von den kirchlichen Körperschaften, die sie berufen haben, zu ersetzen.
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§ 4
Qualifikation

( 1 ) Archivpfleger müssen Kenntnisse in Kirchengeschichte sowie hessischer Regional- und Lokalgeschichte haben. Die Mitgliedschaft in der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung ist erwünscht.
( 2 ) Sie müssen Glied der evangelischen Kirche sein.
( 3 ) Sie sollen im Rahmen ihrer Möglichkeiten an den Arbeits- und Fortbildungstagungen teilnehmen, die vom Landeskirchlichen Archiv veranstaltet und angeboten werden.
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§ 5
Aufgaben der Archivpfleger

( 1 ) Archivpfleger beraten in Abstimmung mit dem Landeskirchlichen Archiv den Kirchenkreis und die kirchlichen Körperschaften in Fragen der kirchlichen Archivpflege. Durch diese Tätigkeit unterstützten sie die Arbeit des Landeskirchlichen Archivs.
( 2 ) Die Archive im Kirchenkreis sollen regelmäßig besucht werden. Jährlich sollen mindestens zwei Archive besucht werden. Der Besuch dient der Kontrolle des ordnungsgemäßen Zustandes und der sachgerechten Unterbringung des Archivs; ferner soll die Einhaltung der archivgesetzlichen Bestimmungen geprüft werden. Über den Besuch ist jeweils entsprechend dem Muster des Archivpflegeberichtes (Anlage) zu berichten. Den Bericht erhalten der Träger des besuchten Archivs, der Kirchenkreisvorstand und das Landeskirchliche Archiv.
( 3 ) Erhält ein Archivpfleger oder eine Archivpflegerin Kenntnis vom nicht mehr sachgemäßen Zustand eines Archivs oder von einer Gefährdung von Archivgut, so sind unmittelbar der Träger des Archivs, der Kirchenkreisvorstand und das Landeskirchliche Archiv zu unterrichten.
( 4 ) Bei Wechsel in der Verantwortung für ein kirchliches Archiv (Pfarrstellenwechsel) überzeugt sich der Archivpfleger oder die Archivpflegerin von der ordnungsgemäßen Übergabe des Archivs.
( 5 ) Ist in einer kirchlichen Körperschaft kein Archiv vorhanden, so hat der Archivpfleger die Überführung vorhandener Altregistraturen in ein geordnetes Archiv anzuregen.
( 6 ) Archivpfleger sollen sich der lokalen und regionalen Kirchengeschichtsforschung verpflichtet fühlen. Die Kirchengeschichtsschreibung soll beratend und fördernd unterstützt werden. Auf die Anliegen des kirchlichen Denkmalschutzes und gegebenenfalls auf die geeignete Unterbringung der vasa sacra und kirchlichen Kunst- und Kultusgegenstände soll ebenfalls geachtet werden.
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§ 6
Ordnung von Archiven

( 1 ) Um die Einheitlichkeit des kirchlichen Archivwesens im Bereich der Landeskirche zu wahren und eine fachgerechte Behandlung des Archivgutes zu gewährleisten, sind Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten nur vom Landeskirchlichen Archiv in Absprache mit diesem vorzunehmen.
( 2 ) Archivpfleger sind nicht verpflichtet, kirchliche Archive selbst zu ordnen und zu verzeichnen.
( 3 ) Dritte dürfen nur im gegenseitigen Einvernehmen des Archivträgers und des Landeskirchlichen Archivs mit Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten beauftragt werden.
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§ 7
Unterstützung der Archivpfleger

( 1 ) Archivpfleger werden in ihrer Arbeit von den jeweiligen Organen und Verwaltungsdienststellen der kirchlichen Körperschaften unterstützt (Kirchenvorstand, Kirchenkreisvorstand, Kirchenkreisamt).
( 2 ) Das Landeskirchliche Archiv ist zur Hilfestellung, Beratung und Betreuung in allen Fragen der kirchlichen Archivpflege verpflichtet.
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§ 8
Inkrafttreten

Die Archivpflegeordnung tritt in Kraft am Tage nach Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt.
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Anlage

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Muster des Pflegeberichts

Archiv der Kirchengemeinde:
Archivpfleger/Archivpflegerin:
Tag des Besuchs:
Anwesende:
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I. Unterbringung:

  1. Wo ist das Archiv untergebracht?
    (Pfarrhaus, Gemeindehaus, Gemeindeamt, Kirche – Straße und Hausnummer)
  2. Lage des Archivraums im Haus?
    (Keller, Erdgeschoss, 1. oder 2. Stockwerk, Dachgeschoss)
  3. Wie sind die klimatischen Bedingungen im Archivraum?
    (Temperatur, Heizung, Luftfeuchtigkeit, Messgeräte)
  4. Wie sind die Archivalien aufgestellt?
    (Holzschrank, offene Regale, Stahlschrank, Panzerschrank, Kompaktanlage)
  5. In welcher Form sind die Archivalien verpackt?
    (Archivkartons, Schatullen o. a.)
  6. Wie beurteilen Sie die Sicherung der Archivalien?
    (verschließbare Schränke oder Räume, Schutz vor Diebstahl, Wasser und Feuer, anderweitige Nutzungen des Archivraumes)
  7. Gibt es einen Arbeitsplatz im Archiv?
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II. Ordnung:

  1. Sind die Archivalien geordnet?
  2. Wann und durch wen?
  3. Nach welchem Aktenplan oder Archivierungsschema?
  4. Besteht ein Findbuch (Inventar, Repertorium)? Ist ein Exemplar des Findbuches im Landeskirchlichen Archiv?
  5. Wie ausführlich ist verzeichnet worden?
  6. Welche Bestände sind noch nicht verzeichnet, und was müsste dringend verzeichnet werden?
  7. Gibt es ungeordnete Akten/Aktenreste? (Dachboden, Keller)
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III. Inhalt des Archivs:

  1. Besitzt die Gemeinde Pergamenturkunden, und wo sind diese mit Regesten verzeichnet? Sind diese bereits durch das Landeskirchliche Archiv fotografisch reproduziert worden?
  2. Charakterisieren Sie die Bedeutung des Aktenbestandes. Welche älteren Akten sind vorhanden, wo liegen die Schwerpunkte, wo die Besonderheiten?
  3. Sind seit der letzten Meldung Verluste eingetreten?
  4. Welche Neuzugänge sind zu nennen?
  5. Welche Urkunden und Akten müssen restauriert werden?
  6. Welche Urkunden und Akten müssen zur Sicherheitsverfilmung/fotografischen Reproduktion vorgeschlagen werden?
  7. Welche Sammlungen, Nachlässe von Pfarrern u. a. sind vorhanden? (Bildarchiv, Dias, Konfirmationssprüche, Tonkassetten, Filme, Schallplatten, Tonbänder, Videokassetten, Siegel, Plakate, Umdrucke, Zeitungsausschnitte zur Gemeindegeschichte)
  8. Sind diese verzeichnet?
  9. Befinden sich Fremdbestände (Deposita) im Archiv oder sind Teile des Archivs (als Depositum) ausgelagert worden?
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IV. Kirchenbücher und Amtsbücher:

  1. Wo befinden sich die Kirchenbücher der Gemeinde?
  2. Welche Kirchenbücher sind vorhanden? Gibt es Lücken oder fehlen Kirchenbücher?
  3. Bestehen Zweitschriften/Kopien der originalen Kirchenbücher?
  4. Sind die Kirchenbücher verfilmt oder auf Microfiches übertragen worden?
  5. Welche Bücher müssen restauriert werden?
  6. Gibt es alphabetische Register zu den Kirchenbüchern?
  7. Seit wann sind die Protokollbücher des Presbyteriums vorhanden? Sind sie vollständig?
  8. Wo befinden sich die alten Lagerbücher?
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V. Archivbibliothek:

  1. Gibt es eine Archivbibliothek bzw. das Archiv ergänzende Literatur? Wenn ja, welche?
  2. Sind die Gemeindebriefe vorhanden?
  3. Bezieht die Gemeinde das Jahrbuch der hessischen kirchengeschichtlichen Vereinigung?
  4. Ist das Kirchliche Amtsblatt vorhanden/vollständig gesammelt/gebunden? Ggf. seit wann?
  5. Gibt es sonstige Amtsblätter/Gesetz- und Verordnungsblätter o. ä. kirchlicher oder staatlicher Herkunft?
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VI. Vasa sacra und sonstige Gegenstände im Archiv:

  1. Gibt es ältere Altargeräte und vasa sacra im Archiv?
  2. Gibt es sonstige gegenständliche Quellen, die im Archiv verwahrt werden? (Sammelbüchsen, Kirchen- und Vereinsfahnen, ältere Musikinstrumente, Gemälde, Siegel usw.)
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VII. Registratur und Archiv:

  1. Wo befinden sich die geschlossenen und aus der laufenden Registratur ausgeschiedenen Akten (Altregistratur)?
  2. Wird eine archivarische Bearbeitung der Altregistratur für notwendig gehalten?
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VIII. Betreuung und Benutzung des Archivs:

  1. Wer ist für die Betreuung des Archivs zuständig?
  2. Wann war die letzte Visitation des Archivs? (Pfarrstellenübergabe, landeskirchliche Revision)
  3. Wird ein Besuch oder eine Beratung des Landeskirchlichen Archivs gewünscht?
  4. Inwieweit ist eine Benutzung des Archivs für die Geschichtsforschung möglich? Ist das Archiv bereits für wissenschaftliche Zwecke genutzt worden?
  5. In welchem Umfange werden die Kirchenbücher für familiengeschichtliche Zwecke in Anspruch genommen (Einsichtnahme, Auskunftserteilung)?
  6. Wo arbeiten Benutzer des Archivs bzw. der Kirchenbücher? Ist ihre Kontrolle gewährleistet?
  7. Wer betreut die Benutzer? (Auskunftserteilung, Kontrolle, Ausgabe und Wiedereinstellen der Akten bzw. Kirchenbücher)
  8. Wird die Benutzungsordnung angewandt?
  9. Werden in jedem Falle schriftliche Benutzungsanträge verlangt? Wo sind diese gesammelt?
  10. Werden Belegstücke von Benutzern des Archivs verlangt und gesammelt?
  11. Wird die Archivgebührenordnung angewandt?
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IX. Gemeindegeschichte:

  1. Gibt es neue Veröffentlichungen zur Geschichte der Kirchengemeinde bzw. über die kommunale und Kirchengemeinde?
  2. Wird die Chronik im Lagerbuch fortgeführt?
  3. Werden Belege zur Gemeindegeschichte gesammelt? (Programme, Plakate, Handzettel, Ansprachen auf Gemeindeveranstaltungen und Gemeindefesten, Zeitungsausschnitte u. ä.)
Ort und Datum
Archivpfleger/Archivpflegerin